Wiederaufnahme: 10., 11. und 12. September 2015 | 20:00 Uhr
zur Wiederaufnahm
„Fortschritt Karibik“ wirft einen multiperspektivischen Blick auf den Projektionsraum Karibik. In dem verzweifelten Versuch, den Eurozentrismus zu überwinden, gerät die Mannschaft an Deck jedoch mit sich selbst in Konflikt. Noch der kritischste Diskurs des Europäers erscheint als Gerede, das dem Zweck dient, die Stimmen hinter dem Leichenfänger zu übertönen. Die Anderen, über die man spricht, kommen nicht zu Wort, es sei denn wir hätten ihnen beigebracht zu klagen. Aber wer lamentiert, nimmt seinem gerechten Zorn die Spitze, weshalb auch Betroffenheit etwas Widerliches ist. Insgeheim wünscht man sich auf der Brücke, dass die Wütenden endlich aufstehen und zuschlagen. Europa hängt in den Seilen – da tut es gut, auch die andere Gesichtshälfte noch anbieten zu können. Kris Merken, 2014
Wir finden: angesichts der sich in diesem Jahr zuspitzenden Völkerwanderung, die „Flüchtlingsströme“ genannt wird, haben die Worte des Dramaturgen Kris Merken einen brandaktuellen Bezug. Volksgruppen, deren Identitäten und regionale Zugehörigkeiten im europäischen Eigeninteresse willkürlich zerstört wurden, und nicht genug: die ausgebeutet und zu großen Teilen einfach vernichtet wurden, begehren endlich auf und wollen teilhaben.
Die Geschehnisse in der Karibik nach der „Entdeckung“ durch Columbus sind der historische Musterfall einer verheerenden Kolonialisierung – aber auch: der einer anhaltenden Kolonialisierung – der Name des Gottes lautet anders: Kapitalismus – die Methoden sind dieselben: Helfen, Handel treiben, Tourismus…
Für Fortschritt Karibik arbeiten die Regisseure Dirk Cieslak und Christoph M. Gosepath zum erstmals zusammen. Mit ctp 3.3 #progress#karibik (club tipping point) und Cantina Section Four (Lubricat) sind zwei Teile eines gemeinsamen Abends enstanden, der als Gesamtheit eine Position zur postkolonialen Situation in der Karibik einnimmt.
zum Stück:
Im Spannungsfeld von J. Conrads Erzählung „An Outpost of Progress“ – einer kolonialistischen Erzählung vom Beginn des letzten Jahrhunderts – und Raoul Pecks „Assistance mortelle“ – einem haitianischen Dokumentarfilm von 2012 – geraten zwei Entwicklungshelfer im neuen Projekt von club tipping point auf „der Insel“ in der Karibik an ihre Grenzen. Diese ergeben sich durch das Helfersystem – aber auch durch systematische Vermeidungsmuster an einem historisch konfliktbeladenen Ort. Deutlich wird dies – den beiden -, in dem Moment, in dem sie DEM SCHWARZEN begegnen.
Nach ctp 3.2#paradies#karibik, einer Auseinandersetzung mit dem naiv touristischen Blick auf die Karibik, lotet ctp 3.3#progress#karibik im zweiten der auf drei Teile angelegten Beschäftigung mit der Karibik als Kulturraum den systematisch eurozentristischen Blick der westlichen Welt auf die Karibik aus genau dieser Perspektive heraus aus.
Sebastian Becker | Benjamin Kramme | Steve Régis „Kovo“ N´Sondé
Robert Schmidt | Heiner Müller | Christoph M. Gosepath | Text
Kris Merken | Dramaturgie
primavera˚maas | Elisabeth Luise Gers | Ausstattung
Miriam Akkermann | Sounddesign und Technik
David Roth | Johannes Maas | Videodesign
Annett Hardegen | Produktion
Silvia Witte | Assistenz
Lea Mantel | Praktikum
Christoph M. Gosepath | Inszenierung
Ort: Vierte Welt @ Zentrum Kreuzberg Galerie 1.Etage | Kottbusser Tor
(Zugang über die Aussentreppe Adalbertstr. 96.)
Tickets: Regulär 13 Euro | Ermässigt 7 Euro | Mit gültigem Berlin Pass und Jugendliche unter 18 Jahren, 3 Euro
Reservierung: karten@viertewelt.de