„Die Errichtung einer individuierten Ich-Identität lebt von Konflikten und Ambiguitäten. …
Vor allem das Bedürfnis, im Leben Irritationen zu vermeiden, beschreibt man in der Psychologie oft als Intoleranz gegenüber Ambiguität, wobei Menschen mit einer solchen Intoleranz alle mehrdeutigen oder unklaren Situationen als bedrohlich bzw. angstauslösend empfinden. Diese Menschen neigen dann dazu, wenig offen für unterschiedliche Perspektiven zu sein und halten im Zweifel lieber am Althergebrachten fest. Die bei diesen Menschen oft damit verbundene Suche nach einfachen, schnellen und eindeutigen Antworten verstärkt jedoch Stereotype und verhindert informiertes Abwägen von Alternativen.“
(Stangl, W. (2020): Stichwort: ‚Ambiguitätstoleranz‘ ->Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik)
„Und wie bekommt man nun eine Gesellschaft wieder dahin, Widersprüche auszuhalten?
Bessere Kunst- oder Musikerziehung wäre ein Anfang. … Die Künste sind .. in der Lage, den Menschen aus dieser bequemen Zone zu holen und in uneindeutige Situationen zu bringen. Kunstwerke, die diesen Namen verdienen, haben keine eindeutigen Zwecke, sondern wecken diverse Empfindungen und Eindrücke und eröffnen einen Interpretationsspielraum, der aber auch nicht unendlich groß sein darf.“1 „Das sind Bereiche, wo man Ambiguität trainieren könnte. Genau so wie man Leuten Sportunterricht gibt, damit sie gesund bleiben. Dann bewegen sie sich, obwohl sie das eigentlich auch nicht ohne weiteres tun würden.“2
(Thomas Bauer in: 1) ->Der Tagesspiegel vom 15.8.2018, 2) ->Deutschlandfunk Kultur am 15.4.2018)